Brief des Vorstandsvorsitzenden

Martin Brudermüller, Vorstandsvorsitzender der BASF SE (Foto)

Sehr geehrte Aktionärin, sehr geehrter Aktionär,

die Corona-Pandemie hat das Jahr 2020 bestimmt und den stärksten Rückgang des globalen Bruttoinlandsprodukts in der Nachkriegszeit ausgelöst. Die gesundheitlichen, sozialen und wirtschaftlichen Folgen trafen die Menschen überall auf der Welt. Für die Industrie weltweit, und damit auch für uns, waren die mit der Pandemie verbundenen Einschränkungen eine enorme Herausforderung.

Wir reagierten schnell und entschlossen auf die Krise. Unsere Krisenstäbe koordinierten erforderliche Maßnahmen an unseren Standorten und nutzten die Stärken unseres Verbunds. Wir konnten damit  unsere Produktion flexibel an die Anforderungen der Kunden anpassen, den Gesundheitsschutz unserer Mitarbeitenden sicherstellen und unsere Lieferfähigkeit gewährleisten. Das BASF-Team hat in diesem außergewöhnlichen Jahr ganz besonders zusammengehalten, Flexibilität bewiesen und unermüdlich nach passgenauen Lösungen für unsere Kunden gesucht – ob in den Betrieben oder im Homeoffice. Ich danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihren hohen Einsatz!

Besonders gefragt waren im Jahr 2020 Grundstoffe und Produkte für die Arzneimittel- und Reinigungsbranchen. Mit unserer Initiative „Helping Hands“ haben wir von Beginn der Pandemie an solidarisch agiert. Wir haben an vielen BASF-Standorten Desinfektionsmittel produziert und diese kostenfrei an Krankenhäuser und andere Einrichtungen abgegeben. Zusätzlich haben wir mehr als 100 Millionen Schutzmasken gekauft und gespendet.

» Mit unserer Initiative „Helping Hands“ haben wir von Beginn der Pandemie an solidarisch agiert.

Die Corona-Pandemie hat die Weltwirtschaft in eine tiefe Rezession gestürzt. Im ersten Halbjahr 2020 sank die Produktion rund um den Globus in Rekordzeit. Die Transportindustrie, die Branchen Energie und Konsumgüter sowie die Bauwirtschaft verzeichneten die größten Einbußen. BASF spürte insbesondere den Rückgang in der Automobilbranche. Unsere wichtigste Kundenindustrie war von Nachfrageeinbrüchen, Produktionsausfällen und Störungen in der Lieferkette betroffen.

Im Gesamtjahr 2020 erzielten wir einen Umsatz von 59,1 Milliarden € und ein EBIT vor Sondereinflüssen von 3,6 Milliarden €. Während wir am 28. Februar 2020 mit Veröffentlichung des BASF-Berichts 2019 noch einen deutlich positiveren Ausblick kommuniziert hatten, mussten wir diesen bereits am 29. April 2020 zurückziehen. Die Vorzeichen hatten klar gedreht. Aber sowohl die Dauer und weitere Ausbreitung der Pandemie als auch künftige Maßnahmen zu ihrer Eindämmung waren zu diesem Zeitpunkt nicht verlässlich abschätzbar. Am 9. Oktober 2020 gaben wir eine neue Prognose von 57 Milliarden € bis 58 Milliarden € sowie von 3,0 Milliarden € bis 3,3 Milliarden € für das EBIT vor Sondereinflüssen. Diese Prognose konnten wir am Ende mit einem starken vierten Quartal übertreffen. Der Umsatz lag mit diesem Endspurt im Gesamtjahr annähernd auf Vorjahresniveau, das EBIT vor Sondereinflüssen um 23 % darunter.

Im EBIT fielen Sondereinflüsse in Höhe von insgesamt –3,8 Milliarden € an, nach –442 Millionen € im Vorjahr. Der Anstieg der Sondereinflüsse ist vor allem auf die Wertberichtigungen zurückzuführen, die im dritten Quartal infolge der Auswirkungen der Corona-Pandemie in allen Segmenten vorgenommen werden mussten. Der Cashflow aus betrieblicher Tätigkeit lag bei 5,4 Milliarden €, 27,6 % unter Vorjahr. Der Free Cashflow betrug 2,3 Milliarden €, nach 3,7 Milliarden € im Jahr 2019.

Die Entwicklung des BASF-Aktienkurses spiegelte die gesamtwirtschaftliche Entwicklung wider. Nach pandemiebedingt deutlichen Rückgängen in den ersten sechs Monaten erholte und stabilisierte sich der Kurs der BASF-Aktie im Verlauf des zweiten Halbjahres, blieb mit 64,72 € aber 3,9 % unter dem Schlusskurs des Vorjahres. Bei Wiederanlage der Dividende betrug die Wertentwicklung im Jahr 2020 +2,3 %.

Die außergewöhnlich hohen wirtschaftlichen Belastungen durch die Corona-Pandemie haben auch die Entwicklung des Free Cashflows der BASF-Gruppe beeinträchtigt. Dennoch schlagen wir der Hauptversammlung vor, eine Dividende von 3,30 € je Aktie und somit 3,0 Milliarden € für das Geschäftsjahr 2020 an die Aktionäre auszuschütten. Dies reflektiert die hohe Bedeutung, die wir einer verlässlichen Dividende auch in schwierigen Zeiten beimessen.

Unser Exzellenzprogramm haben wir weiter vorangetrieben. Insgesamt sind wir auf gutem Weg, den angestrebten jährlichen EBITDA-Beitrag von 2 Milliarden € bis Ende 2021 zu erreichen. Die beschleunigte Umsetzung aller Beiträge, aus Umsatzsteigerungen und aus Einsparungen, ist uns in dem schwierigen Umfeld leider nicht ganz gelungen. Wir haben jedoch schnell reagiert und uns noch stärker auf Effizienzsteigerung fokussiert.

» Unser Vorschlag reflektiert die hohe Bedeutung einer verlässlichen Dividende auch in schwierigen Zeiten.

Auch bei der Vorbereitung unserer geplanten Großinvestition in einen neuen Verbundstandort in Guangdong in Südchina waren die Einschränkungen der Corona-Pandemie spürbar. Dennoch sind wir weiter im Plan. So starteten wir im vergangenen Jahr mit dem Bau erster Anlagen. Diese sollen bereits ab 2022 technische Kunststoffe und thermoplastisches Polyurethan produzieren, um den steigenden Bedarf in südchinesischen und anderen asiatischen Märkten zu bedienen.

Die Region Asien-Pazifik, vor allem China, ist der bedeutendste Wachstumstreiber der globalen Chemieproduktion. In den nächsten zehn Jahren werden mehr als zwei Drittel des weltweiten Chemiewachstums aus China kommen. Dieser Trend hat sich 2020 mit Chinas schneller wirtschaftlichen Erholung weiter verstärkt. Mit unserem neuen, voll integrierten Verbundstandort wollen wir unsere führende Position als westliches Chemieunternehmen auf dem wichtigsten Chemiemarkt der Welt weiter ausbauen.

Auch mit der Weiterentwicklung unseres Portfolios ging es 2020 voran. Ende Januar schlossen wir den Erwerb des integrierten Geschäfts für Polyamid 6.6 von Solvay für 1,3 Milliarden € ab. Diese Akquisition erweitert unsere Polyamid-Kompetenzen durch innovative Produkte und verbessert den Zugang zu Wachstumsmärkten in Asien, Nord- und Südamerika sowie den Zugang zu dem wichtigsten Vorprodukt. Die Veräußerung unseres Bauchemiegeschäfts an eine Tochtergesellschaft von Lone Star, einem globalen Private-Equity-Unternehmen, haben wir Ende September abgeschlossen. Mit Blick auf die schwierigen Rahmenbedingungen war das eine herausragende Teamleistung. Der Kaufpreis ohne Berücksichtigung von Barmitteln und Finanzschulden betrug 3,17 Milliarden €. Den Abschluss des Erwerbs des globalen BASF-Pigmentgeschäfts durch das japanische Feinchemie-Unternehmen DIC erwarten wir im ersten Halbjahr 2021, vorbehaltlich der noch ausstehenden Genehmigung der US-Wettbewerbsbehörde.

Trotz der herausfordernden Pandemie-Effekte gilt es, gleichzeitig fundamentale langfristige Herausforderungen wie den Klimaschutz nicht zu vernachlässigen. Der Klimaschutz ist für BASF eine zentrale Aufgabe und ein wesentlicher Bestandteil unserer Strategie. Wir wollen zu einer Welt beitragen, die eine Zukunft mit besserer Lebensqualität für alle bietet. Deshalb arbeiten wir eng mit unseren Kunden und Partnern zusammen, um noch bessere Lösungen zu entwickeln. Mit Ansätzen zur Kreislaufwirtschaft wollen wir wirtschaftliches Wachstum vom Ressourcenverbrauch weiter entkoppeln. Wir nutzen damit die begrenzten Ressourcen noch effizienter. In Teilen machen wir das schon lange: so verwerten wir in unserem Verbund Nebenprodukte und Abfälle stofflich und energetisch. In vielen Bereichen der Chemieindustrie kann der Ressourceneinsatz aber weiter verbessert werden.

» Trotz der Pandemie gilt es, Herausforderungen wie den Klimaschutz nicht zu vernachlässigen.

Mit unserem Programm zur Kreislaufwirtschaft – dem Circular-Economy-Programm – haben wir uns daher ambitionierte Ziele gesteckt: BASF hat sich verpflichtet, ab 2025 jährlich 250.000 Tonnen recycelte und abfallbasierte Rohstoffe in neue Produkte umzuwandeln. Und wir wollen bis 2030 unseren Umsatz mit Lösungen für die Kreislaufwirtschaft auf 17 Milliarden € steigern – das wäre eine Verdoppelung zu 2020.

Parallel arbeiten wir an unserer Energietransformation hin zur CO2-Neutralität. Sie wird unsere künftige Profitabilität und Wettbewerbsfähigkeit entscheidend beeinflussen. Die Europäische Union hat sich mit dem „European Green Deal“ das ambitionierte Ziel gesetzt, bis 2050 klimaneutral zu sein. BASF hat mit ihrer Strategie eindeutig Position bezogen. Die Reduktion von CO2-Emissionen ist für uns von herausragender Bedeutung. Deshalb haben wir uns zu einem klimaneutralen Wachstum bis 2030 verpflichtet. Wir werden die spezifischen CO2-Emissionen pro Kilogramm Verkaufsprodukt noch einmal um durchschnittlich rund ein Drittel senken. Um den CO2-Ausstoß noch weiter zu reduzieren, benötigen wir zum einen die passenden politischen Rahmenbedingungen und zum anderen grundlegend neue Technologien. Diese entwickeln wir im Rahmen unseres umfassenden Carbon-Management-Programms.

Ein wichtiges Beispiel sind unsere Steamcracker. Zurzeit befeuern wir sie mit Erdgas. In Zukunft wollen wir das elektrisch mit erneuerbarem Strom machen. Für einen Worldscale-Cracker heißt das jährlich eine Million Tonnen weniger CO2. Allerdings benötigen wir zur Umsetzung sehr große Mengen an Strom aus erneuerbaren Energien – und das zu international wettbewerbsfähigen Preisen. Dafür brauchen wir eine langfristige, integrierte Klima- und Industriepolitik mit fördernden Rahmenbedingungen national und international.

Um Transparenz zu schaffen, werden wir bis Ende 2021 als erstes Chemieunternehmen weltweit unseren Kunden einen „CO2-Fußabdruck“ – Product Carbon Footprint – für unsere 45.000 Verkaufsprodukte zur Verfügung stellen. Mit unserer eigenen digitalen Lösung können wir dann Gesamtwerte der CO2-Emissionen für alle unsere Produkte ermitteln. Dieser Product Carbon Footprint wird als CO2-Einheiten pro Tonne Verkaufsprodukt ausgewiesen und umfasst alle Emissionen bis zur Auslieferung an den Kunden. Wir verbinden damit Nachhaltigkeit und Digitalisierung zu einem hochinnovativen Angebot für unsere Kunden.

Mit Innovationen ist BASF zum führenden Chemieunternehmen geworden. Ich bin davon überzeugt, dass unsere Innovationskraft auch zukünftig ein wichtiger Erfolgsfaktor für die profitable Entwicklung bleibt. Carbon Management und Circular Economy sind die Innovationstreiber über alle Kundenbranchen hinweg. Mit maßgeschneiderten Lösungen unterstützen wir unsere Kunden, ihr Nachhaltigkeitsprofil und das ihrer Produkte immer weiter zu verbessern – bis hin zur CO2-Neutralität. Diese Innovationen treiben das nachhaltige Wachstum von BASF an. Die Voraussetzung dafür ist eine exzellente Forschung. Und genau die haben wir bei BASF.

» Carbon Management und Circular Economy sind die Innovationstreiber über alle Branchen hinweg.

Die weltweite Impfkampagne gegen Corona stimmt mich für 2021 zuversichtlich, aber es bleiben weiter viele Unsicherheiten. Die Weltwirtschaft wird Zeit brauchen, um wieder das Niveau vor der Pandemie zu erreichen. Und es mangelt nicht an neuen Herausforderungen. Wir werden sicherstellen, dass unsere Kunden immer im Mittelpunkt aller unserer Aktivitäten stehen. Gemeinsam mit unseren Kunden arbeitet das BASF-Team leidenschaftlich daran, langfristig profitabel zu wachsen. Ich freue mich, dass Sie uns bei diesem Ziel unterstützen und danke Ihnen für Ihr Vertrauen.

Ihr

Martin Brudermüller