Langfristig wirksame Chancen und Risiken

Langfristige Nachfrageentwicklung

Wir gehen davon aus, dass die Chemieproduktion (ohne Pharma) in den kommenden fünf Jahren etwas stärker wachsen wird als das globale Bruttoinlandsprodukt und deutlich stärker als im Durchschnitt der vergangenen fünf Jahre. Durch unser marktorientiertes und breites Portfolio, das wir in den kommenden Jahren durch Investitionen in neue Produktionskapazitäten, Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten sowie Akquisitionen weiter stärken werden, streben wir ein leicht über diesem Marktwachstum liegendes Absatzwachstum an. Sollte sich das globale Wirtschaftswachstum wegen länger anhaltender Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie, einer anhaltenden Schwächeperiode in den Schwellenländern, protektionistischer Tendenzen oder geopolitischer Krisen unerwartet stark abschwächen, könnten sich die erwarteten Wachstumsraten als zu ambitioniert herausstellen.

Entwicklung der Wettbewerbs- und Kundenlandschaft

Wir rechnen damit, dass Wettbewerber vor allem aus Asien und dem Nahen Osten in den kommenden Jahren weiter an Bedeutung gewinnen werden. Weiterhin gehen wir davon aus, dass viele Produzenten in rohstoffreichen Ländern ihre Wertschöpfungsketten ausweiten werden. Diesem Risiko begegnen wir mit einem aktiven Portfoliomanagement.

Wir verbessern unsere Prozesse kontinuierlich, um durch unsere Operative Exzellenz weiterhin wettbewerbsfähig zu bleiben. Durch unser laufendes Exzellenzprogramm verschlanken wir die Verwaltung, schärfen die Rollen von Services und Regionen und vereinfachen Abläufe und Prozesse.

Um dauerhaft profitabel zu wachsen, neue Marktsegmente zu erschließen und unsere Kunden erfolgreicher zu machen, legen wir unsere Forschungs- und Geschäftsschwerpunkte auf innovationsstarke Geschäftsfelder, die wir zum Teil über strategische Kooperationen erschließen.

Innovation

Die zentralen Forschungsbereiche Process Research & Chemical Engineering, Advanced Materials & Systems Research und Bioscience Research agieren als global aufgestellte Plattformen mit Sitz in den Regionen Europa, Asien-Pazifik und Nordamerika. Zusammen mit den Entwicklungseinheiten der Unternehmensbereiche bilden sie den Kern des weltweiten Wissensverbunds. Die starke regionale Präsenz eröffnet Chancen, um vor Ort am Innovationsgeschehen teilzuhaben und Zugang zu Talenten zu erhalten. Die Effektivität und Effizienz unserer Forschungsaktivitäten optimieren wir durch unseren weltweiten Wissensverbund.

Über die konzernfinanzierte Forschung fördert BASF gezielt den Aufbau und die Weiterentwicklung von Schlüsseltechnologien sowie den Aufbau neuer Geschäftsbereiche. Forschungsschwerpunkte werden dabei mit Blick auf ihre strategische Relevanz für BASF jenseits existierender Geschäftsfelder gesetzt.

Dem Risiko eines technischen oder wirtschaftlichen Scheiterns von Forschungs- und Entwicklungsprojekten begegnen wir durch ein ausgewogenes und umfangreiches Projektportfolio sowie durch eine professionelle, meilensteinbasierte Projektsteuerung.

Möglichkeiten zum Einsatz digitaler Technologien und Lösungen entlang der gesamten Wertschöpfungskette werden sowohl in den Unternehmens- und Serviceeinheiten als auch von bereichsübergreifenden Teams geprüft und implementiert. Hierbei werden sie von der Einheit Global Digital Services unterstützt. Analysiert werden Chancen und Risiken der Digitalisierung in Produktion, Logistik, Forschung und Entwicklung, bei Geschäftsmodellen sowie in Unternehmensfunktionen wie beispielsweise Finance, Human Resources, Procurement, Supply Chain Services sowie Legal, Taxes, Insurance und Intellectual Property.

Die Steuerung der Chancen und Risiken der Digitalisierung erfolgt durch die Unternehmens- und Serviceeinheiten.

Für die erfolgreiche Einführung neuer Technologien ist das Vertrauen der Kunden und Verbraucher unverzichtbar. Deshalb treten wir bereits in einem frühen Stadium der Entwicklung in den Dialog mit unseren Stakeholdern. Der Trend zu gestiegenen Nachhaltigkeitsanforderungen in unseren Kundenindustrien setzt sich fort. Die sich daraus ergebenden Chancen in einem wachsenden Markt wollen wir künftig noch gezielter durch Innovationen nutzen. Daher haben wir unsere Sustainable-Solution-Steering-Methode zur Nachhaltigkeitsbewertung des Produktportfolios auf die Bewertung unserer Innovationsprojekte übertragen und frühzeitig in unsere Forschungs- und Entwicklungsprozesse sowie in die Entwicklung unserer Geschäftsstrategien integriert. Dadurch wollen wir von der – verglichen mit dem übrigen bewerteten Portfolio – höheren Profitabilität unserer Accelerator-Produkte profitieren. Gleichzeitig minimieren wir Reputations- und finanzielle Risiken, indem wir die Vermarktung von Produkten, bei denen wir erhebliche Nachhaltigkeitsherausforderungen identifiziert haben (sogenannte Challenged-Produkte), spätestens innerhalb von fünf Jahren nach deren erstmaliger Bewertung als „challenged“ einstellen. Um daraus resultierende mögliche finanzielle Risiken zu verringern, werden für diese Produkte frühzeitig Aktionspläne erstellt. Diese können etwa Forschungsprojekte, Reformulierungen oder auch das Ersetzen des Produkts durch ein anderes beinhalten.

Weiterentwicklung des Portfolios durch Investitionen

Die Entscheidungen über Art, Umfang und Standort unserer Investitionsprojekte beruhen auf Annahmen bezüglich der langfristigen Markt-, Margen- und Kostenentwicklung, der Rohstoffverfügbarkeit sowie zu Länder-, Währungs- und Technologierisiken. Chancen und Risiken ergeben sich aus möglichen Abweichungen der realen Entwicklung zu unseren Annahmen. Wir erwarten, dass der Anstieg der Chemieproduktion in den Schwellenländern in den kommenden Jahren weiter über dem globalen Durchschnitt liegen wird. Die sich daraus ergebenden Chancen wollen wir nutzen, indem wir unsere Präsenz vor Ort ausweiten.

Akquisitionen, Devestitionen und Kooperationen

Auch künftig werden wir unser Portfolio durch Akquisitionen weiterentwickeln, die ein überdurchschnittlich profitables Wachstum versprechen, innovationsgetrieben sind oder eine technologische Differenzierung bieten und helfen, eine relevante Marktposition zu erreichen, sowie neue und nachhaltige Geschäftsmodelle ermöglichen.

Die Bewertung von Chancen und Risiken spielt bei der Prüfung von Akquisitionszielen eine wesentliche Rolle. Eine detaillierte Analyse und Quantifizierung erfolgt im Rahmen der Due Diligence. Risiken sind beispielsweise erhöhte Personalfluktuation, eine verzögerte Realisierung von Synergien oder die Übernahme von im Vorfeld nicht exakt quantifizierbaren Verpflichtungen. Sollten unsere diesbezüglichen Erwartungen nicht eintreten, können sich Risiken wie beispielsweise Wertminderungsbedarf beim immateriellen Vermögen ergeben; es bestehen aber auch Chancen, etwa durch zusätzliche Synergien.

Auch Devestitionen spielen bei der Weiterentwicklung unseres Portfolios eine entscheidende Rolle. Risiken können sich hierbei im Nachgang der Devestitionen aus möglichen Gewährleistungsansprüchen oder sonstigen vertraglichen Verpflichtungen, wie beispielsweise langfristigen Lieferverträgen, ergeben.

Rekrutierung und langfristige Bindung von qualifizierten Mitarbeitenden

BASF stellt sich durch die demografische Entwicklung, insbesondere in Nordamerika und Europa, mittel- bis langfristig auf zunehmende Herausforderungen bei der Gewinnung von Fachkräften ein. Damit erhöht sich das Risiko, dass offene Stellen nicht oder nur verzögert mit geeigneten Bewerbenden besetzt werden können. Diesen Risiken begegnen wir mit Maßnahmen zur Einbeziehung von Vielfalt, Mitarbeitenden- und Führungskräfteentwicklung sowie zur stärkeren Positionierung unserer Arbeitgebermarke („Employer Branding“). Das Demografiemanagement auf lokaler Ebene umfasst Nachfolgeplanung, Wissensmanagement sowie Angebote zur besseren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und zur Gesundheitsförderung. Damit erhöhen wir die Attraktivität von BASF als Arbeitgeber und binden Mitarbeitende langfristig an uns.

Nachhaltigkeit

Chancen sowie Risiken, die sich aus wesentlichen Nachhaltigkeitsthemen ergeben können, sind nur selten konkret finanziell bewertbar und wirken sich vor allem mittel- bis langfristig auf die Geschäftstätigkeiten aus.

Risiken, die sich aus den Themenbereichen Sicherheit und Umweltschutz, Gesundheitsschutz, Produktverantwortung, Compliance, Lieferantenbeziehungen sowie Arbeits- und Sozialstandards ergeben können, verringern wir, indem wir uns global einheitliche Standards setzen. Diese gehen häufig über lokale gesetzliche Anforderungen hinaus.

Die Einhaltung dieser Standards prüfen wir durch interne Monitoringsysteme wie globale Befragungen oder Audits. 2020 wurden beispielsweise in diesem Zusammenhang an zahlreichen Standorten Lieferanten bezüglich ihrer Nachhaltigkeit auditiert. Im Jahr 2020 wurde unser global gültiger Verhaltenskodex überarbeitet, auf dessen Einhaltung sich alle Mitarbeitenden, Führungskräfte sowie der Vorstand verpflichten. Er definiert einen verbindlichen Rahmen für unser Handeln. Beschwerdemechanismen wie unsere Compliance-Hotlines ergänzen die Monitoringsysteme.

Des Weiteren bergen die anhaltenden Klimaveränderungen sowohl Chancen als auch Risiken für BASF. Als energieintensives Unternehmen ergeben sich klimabezogene Risiken insbesondere durch regulatorische Änderungen, zum Beispiel bei der Bepreisung von CO2 über Emissionshandelssysteme, Steuern oder die Energiegesetzgebung. Darüber hinaus kann die Emissionsbilanz und -intensität von BASF zu einer negativen Wahrnehmung und eingeschränkter Attraktivität bei externen Interessengruppen (zum Beispiel Kunden, Investoren) führen. Wir begegnen diesen Risiken durch unsere Maßnahmen im Rahmen des Carbon Managements und indem wir unsere Positionen und Beiträge zum Klimaschutz (zum Beispiel politische Forderungen, Fortschritte bei der Umsetzung unserer Klimastrategie, Leistungen unserer Produkte zum Klimaschutz) transparent in öffentlich zugänglichen Quellen (zum Beispiel diesem Geschäftsbericht oder auf der BASF-Webseite) und im direkten Austausch mit den externen Interessengruppen darstellen.

Risiken aufgrund zunehmender Wetterextreme (zum Beispiel Stürme), stark schwankender Wasserstände und erhöhter Wassertemperaturen für unsere Produktion und unsere Lieferkette werden durch unser Risikomanagement in der Produktion und im Einkauf adressiert. Beispielsweise können wir an unserem Verbundstandort Ludwigshafen extreme Niedrigwassersituationen und Hitzewellen, bedingt durch den Klimawandel, nicht mehr ausschließen. Daher haben wir in den Jahren 2019/2020 ein Bündel an Klimaresilienz-Maßnahmen erarbeitet.

Neben den klimabedingten Risiken bestehen auch Chancen. Unser breites Produktportfolio umfasst unter anderem Lösungen für Kreislaufwirtschaft und Klimaschutz (zum Beispiel Dämmstoffe für Gebäude, Materialien für die Elektromobilität, biobasierte Produkte), für die sich bei verstärkter gesellschaftlicher Sensibilität zusätzliche Marktchancen bieten. An Lösungen für eine nachhaltige Landwirtschaft, die den ökonomischen, ökologischen und gesellschaftlichen Ansprüchen langfristig gerecht werden soll, arbeiten wir mit einer Vielzahl von wissenschaftlichen und öffentlichen Organisationen und Initiativen.

Zur Erfassung berichtspflichtiger Nachhaltigkeitsrisiken im Sinne des § 289b ff HGB nutzen unsere dezentralen Fachverantwortlichen einen zentralen Entscheidungsbaum. Für das Jahr 2020 wurden keine berichtspflichtigen verbleibenden Nettorisiken im Sinne des § 289b ff HGB identifiziert.