BASF-Bericht 2021

Story

„Auf dem Weg zur Klimaneutralität von BASF sind wir Ideen- und Taktgeber“

Windböen fegen über den kilometerlangen Strand. Wellen, die über vorgelagerte Sandbänke bei jedem Gezeitenstand brechen und Strömungen, die an manchen Tagen das Schwimmen im Meer gefährlich machen.

Die Wetter- und Wasserbedingungen rund um den beliebten Surfer- und Badeort Zandvoort an der niederländischen Nordseeküste spielten bisher keine große Rolle für BASF. Das wird sich ab 2023 ändern. Dann soll der weltweit größte subventionsfreie Windpark auf dem Meer in Betrieb gehen, und das Chemieunternehmen wird sich über Starkwind freuen.

Vattenfall baut zwischen Zandvoort und Den Haag bis zu 18 Kilometer von der Küste entfernt den Offshore-Windpark Hollandse Kust Zuid und BASF sichert sich als Industriepartner riesige Mengen an grünem Strom auf dem Weg zur Klimaneutralität.

Windpark inmitten der Naturgewalten von Wind und Wasser

Die Bauarbeiten haben vergangenen Sommer begonnen. Schiffe, Kräne, Hubschrauber und mutige Beschäftigte transportieren riesige Fundamente aus Stahl und Rotorblätter mit einer Länge von fast 100 Metern auf das Meer hinaus und errichten inmitten der Naturgewalten von Wind und Wasser ein Kraftwerk. Jedes Fundament wird speziell für den Standort konstruiert. Das schwerste und größte wiegt 955 Tonnen und ist 75 Meter hoch. „Die Arbeiten auf dem Meer sind bei einem Offshore-Windpark eine Höchstleistung“, erzählt Dr. Stefan Käshammer. Er ist Experte für die Bewertung von Technologien und deren Einsatz rund um die erneuerbaren Energien und arbeitet für die BASF Renewable Energy GmbH.

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Für Transport und Installation vorbereitete Fundamentformen für den Windpark Hollandse Kust Zuid (Vattenfall/Jorrit Lousberg)
Für Transport und Installation vorbereitete Fundamentformen für den Windpark Hollandse Kust Zuid (Vattenfall/Jorrit Lousberg)

Als BASF vor etwa drei Jahren ein Team für erneuerbare Energien gründete und ihm die Mitarbeit anbot, musste er nicht lange überlegen. Das Zukunftsthema liegt ihm am Herzen. Anfangs hatte vieles Start-up-Atmosphäre, und es gab auch Skepsis, ob ein eigenes Team für grünen Strom überhaupt gebraucht wird. Die Skepsis ist großer Zustimmung gewichen. Viele wollen mitmachen. „Das gibt uns starken Rückenwind“, freut sich Käshammer.

„Während der Errichtungsarbeiten des Windparks können wir nicht einfach auf das Meer fahren und nach dem Projektstand sehen. Besucher sind nur nach Absprache und Sicherheitsunterweisung erlaubt“, erzählt Dr. Tobias Stäb. Er ist Teamkollege von Käshammer und Projektleiter bei BASF für Hollandse Kust Zuid. „Aber wir sind durch die guten Kontakte mit Vattenfall bestens über den Baufortschritt im Bilde.“ Auch Stäb war Feuer und Flamme für die Idee, sich für die Versorgung von BASF mit erneuerbaren Energien einzusetzen.

Wir versorgen BASF mit grünem Strom – und zwar an allen Standorten europaweit.

Horatio Evers

Aus dem Team mit einer Handvoll Mitarbeitern ist 2022 mit der BASF Renewable Energy GmbH eine eigene Tochtergesellschaft von BASF geworden. Geschäftsführer Horatio Evers erklärt: „Wir versorgen BASF mit grünem Strom – und zwar an allen Standorten europaweit.

Aber warum braucht BASF überhaupt große Mengen an Grünstrom?

Größte Transformation in der Geschichte der BASF: Bis 2050 Netto-Null-Emissionen erreichen

Klimaschutz, ein verantwortungsvoller Umgang mit Ressourcen sowie Kreislaufwirtschaft gehören zur Unternehmensstrategie von BASF. Bis 2030 will das Unternehmen seine Treibhausgasemissionen um 25 Prozent gegenüber 2018 reduzieren und bis 2050 sollen Netto-Null-Emissionen erzielt werden. Mit diesen ehrgeizigen Plänen bekennt sich BASF zum Pariser Klimaabkommen und unterstützt das Jahrhundertprojekt der EU, Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. Das ist eine Riesenaufgabe, vor der nicht nur BASF steht. Über 20 Prozent der 2.000 größten börsennotierten Unternehmen der Welt haben sich zur Klimaneutralität verpflichtet.1

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Nur mit der Chemieindustrie wird Klimaneutralität gelingen

Die Chemiebranche hat eine Schlüsselrolle auf dem Weg zur Klimaneutralität. Einerseits legt sie mit ihren Produkten den Grundstein für ein CO2-neutrales Leben. Ohne die Innovationen der Chemie kommt kein Elektroauto auf die Straße, wandelt keine Solarzelle Sonnenlicht in elektrische Energie um und kein Windrad dreht sich.

Andererseits verbraucht die Chemieindustrie sehr viel Energie – derzeit überwiegend Energie aus fossilen Quellen wie Erdgas und Erdöl. Allein die Herstellung von Basischemikalien ist für 70 Prozent der Treibhausgasemissionen von BASF verantwortlich.

Es ist die größte Transformation in der Geschichte der chemischen Industrie und für BASF.

Dr. Martin Brudermüller

„Klimaneutralität erreichen wir nur, wenn wir unsere Produktion komplett umstellen und die bisherigen fossilen Energieträger durch Strom aus erneuerbaren Quellen ersetzen. Dafür brauchen wir völlig neue Prozesse und Technologien sowie den Mut, neu zu denken“, sagt Dr. Martin Brudermüller, Vorstandsvorsitzender der BASF. „Es ist die größte Transformation in der Geschichte der chemischen Industrie und für BASF.“

Die Elektrifizierung der Chemie braucht riesige Mengen an Grünstrom

In Pilotanlagen erprobt BASF die neuen Technologien und investiert bei Erfolg in großem Stil. Elektrisch beheizte Steamcracker sind ein Beispiel für diese Technologien. Sie könnten die CO2-Emissionen um bis zu 90 Prozent verringern. Mit dieser Elektrifizierung der Chemie leistet BASF Pionierarbeit, zugleich wird der Bedarf an erneuerbaren Energien jedoch drastisch steigen. „Nach dem Umbau ab 2035 wird allein der Standort Ludwigshafen voraussichtlich drei bis vier Mal so viel Grünstrom benötigen wie 2022, um das Netto-Null-Ziel zu erreichen. Auch das rechnen wir bei unserer Strombeschaffung mit ein,“ sagt Horatio Evers.

Weltweit müssen die erneuerbaren Energien massiv ausgebaut werden. „Das geht aber viel zu langsam. Deshalb gehen wir voran, um uns den Zugang zu grünem Strom zu sichern“, sagt Evers. BASF setzt dabei auf die „Make and Buy“-Strategie: „Einerseits investieren wir in den Bau eigener Erzeugungsanlagen, zum anderen kaufen wir Grünstrom am Markt und schließen langfristige Abnahmeverträge.“

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Das Herz des Verbunds: Mit einer Fläche von rund 64.000 Quadratmetern ist der Steamcracker II die größte Anlage am Standort Ludwigshafen
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Kein Weg führt an Offshore-Windparks vorbei

„Solar, Windenergie an Land oder auf See, Bioenergie, oder Wasserstoff – es gibt eine Reihe an Technologien und mögliche Partner. Wir prüfen mindestens drei Kriterien, bevor wir eine erste Auswahl treffen“, sagt Dr. Roland Merger. Als Vice President Renewable Energy verantwortet er die globale Investitionsstrategie in Grünstromprojekte und leitet die Windpark-Projekte bei BASF. 

Welche Kriterien sind das? Die Technologie muss wirtschaftlich sein; sie muss ausreichende Mengen an Strom für BASF bieten, und sie muss gesellschaftlich akzeptiert sein. „Bei diesen Kriterien zeigt sich, dass an Offshore-Windparks kein Weg vorbeiführt. Sie sind eine der effektivsten Formen der erneuerbaren Stromerzeugung und spielen eine wichtige Rolle für BASF“, sagt Merger. 

Hollandse Kust Zuid – der weltweit erste vollständig kommerzielle Offshore-Windpark

„Mit Vattenfall haben wir uns strategisch die Karten gelegt und einen Partner gefunden, der uns dabei unterstützt, klimaneutral zu werden“, sagt Merger. BASF hat sich mit Hollandse Kust Zuid die Hälfte an einem Offshore-Windpark von Vattenfall gesichert und erhält dafür sehr viel grünen Strom. Es ist die erste Großinvestition von BASF in Anlagen für erneuerbaren Strom. „Mit der Energie werden wir unseren zweitgrößten Produktionsstandort in Antwerpen versorgen. Der Windpark ist der weltweit erste vollständig kommerzielle Offshore-Windpark“, erklärt Merger.

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Die Vorstandsvorsitzenden von BASF und Vattenfall, Dr. Martin Brudermüller und Anna Borg

Einen anderen Weg geht BASF mit den Energieunternehmen Ørsted und Engie. Mit beiden hat BASF Verträge abgeschlossen, die mit einer Laufzeit von 25 Jahren die längsten bisher angekündigten „Power Purchase Agreements“ bei der Offshore-Windenergie sind.

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„PPA“

Power Purchase Agreement, oder kurz „PPA“, heißt der Liefervertrag für grün erzeugten Strom, der in der Regel langfristig über mehrere Jahre geschlossen wird. Für den Anbieter – in diesem Fall Ørsted und Engie bei BASF – bedeutet das Sicherheit, beispielsweise bei der Planung von neuen Anlagen. Abnehmer wie BASF sichern sich mit diesen Lieferverträgen große Mengen an Grünstrom.

„Unsere Projektpipeline ist voll und das bleibt auch so“

„Der Stromhandel in Europa spielt auch eine wichtige Rolle für uns“, sagt Evers. Seit Januar kümmert sich Stefanie Müller darum. „Im Stromhandel unterliegen die Preise starken Schwankungen abhängig von den Jahreszeiten oder der geopolitischen Situation. Strom wird genauso an Börsen gehandelt wie Wertpapiere“, erklärt sie. „Das wollen wir nutzen, um BASF vor Preisrisiken zu schützen und mit Grünstrom zu hochwettbewerbsfähigen Preisen zu versorgen“, sagt sie. An ihrer neuen Aufgabe hat sie vor allem gereizt, Nachhaltigkeit mit dem traditionellen Handel mit Energie zu verbinden.

Strom wird genauso an Börsen gehandelt wie Wertpapiere.

Stefanie Müller

Stromhandel, Projekte wie mit Vattenfall, Ørsted und Engie, dazu noch weitere Grünstromlieferverträge – „Die Projektpipeline bei uns ist voll, und das bleibt auch so“, sagt Evers und ergänzt: „Der Weg zur Klimaneutralität von BASF ist kein Spaziergang, sondern eine Riesenaufgabe, die alle Kräfte braucht. Wir verstehen uns dabei als Ideen- und Taktgeber.“

BASF baut Solarpark

BASF investiert nicht nur in Offshore-Windparks, sondern auch in Solar. Mit der enviaM-Gruppe, dem führenden regionalen Energiedienstleister in Ostdeutschland, plant BASF in Schwarzheide den Bau eines Solarparks. Dieser als Joint Venture geplante Solarpark soll 2022 in Betrieb gehen. Insgesamt werden 88 BASF-Standorte bereits mit emissionsfreiem Strom aus Wasser-, Sonnen- oder Windkraft versorgt.

Nach der Winterpause stechen Installationsschiffe wieder in See

Im Winter ruhen die Bauarbeiten auf der Nordsee für „Holandse Kust Zuid“. Das Wetter ist zu schlecht und die See ist zu rau; aber in ein paar Wochen legt das Installationsschiff wieder ab. Vattenfall wird die restlichen Fundamente in Wassertiefen von bis zu 28 Metern errichten und die Windkraftanlage bis 2023 fertigstellen. Dr. Stefan Käshammer wird dann den Wetterbericht nur ab und zu verfolgen: „Nur an sehr wenigen Tagen im Jahr ist Flaute und die Räder stehen still. Erfahrungsgemäß bläst genügend Wind auf dem Meer, so dass die Turbinen rotieren.“ Sobald nächstes Jahr alle 140 Turbinen in Betrieb gehen, hofft er, einmal vor Ort auf einer der Plattformen der Anlage im Meer zu stehen – mit Aussicht auf den Windpark: „Das wäre schon eine große Sache.“

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Ansichten eines schon existierenden und von Vattenfall betriebenen Windparks (Vattenfall)
Ansichten eines schon existierenden und von Vattenfall betriebenen Windparks (Vattenfall)

BASF Renewable Energy GmbH

Wir versorgen die BASF mit grünem Strom – und zwar an allen Standorten europaweit.

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Horatio Evers
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Dr. Stefan Käshammer
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Dr. Roland Merger
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Stefanie Müller
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Dr. Tobias Stäb

1 Economist, „Die Welt in 2022“

Steamcracker
Steamcracker sind Anlagen, in denen unter Zuhilfenahme von Dampf (englisch: steam) Naphtha (Rohbenzin) oder Erdgas aufgespaltet (englisch: to crack) wird. Die entstehenden Petrochemikalien sind Ausgangsprodukte für die Herstellung eines Großteils der Erzeugnisse von BASF.