BASF-Bericht 2021

Operativ wirksame Chancen und Risiken

Marktwachstum

Zu den größten Chancen und Risiken gehört die Entwicklung unserer Absatzmärkte. Unsere Annahmen bezüglich der kurzfristigen Wachstumsraten der Weltwirtschaft, der Regionen und wichtiger Abnehmerindustrien, wie etwa der Chemie-, Automobil- und Baubranche, legen wir detailliert im Abschnitt „Wirtschaftliche Rahmenbedingungen 2022“ dar.

Darüber hinaus betrachten wir Chancen und Risiken aufgrund von abweichenden Annahmen. Makroökonomische Chancen ergeben sich aus einer stärkeren Nachfrage durch eine schnellere Überwindung der Corona-Pandemie, zum Beispiel infolge einer anhaltend hohen Wirksamkeit und steigenden Akzeptanz von Impfstoffen und Medikamenten gegen das Coronavirus. Ein bedeutendes makro­ökonomisches Risiko ergibt sich daraus, dass Maßnahmen zur Eindämmung des Coronavirus über längere Zeit beibehalten oder ausgebaut werden, die globalen Lieferketten beeinträchtigt werden und sich infolgedessen das globale Wirtschaftswachstum abschwächt. Weiterhin steigende Energiepreise, zum Beispiel infolge einer Intensivierung des Konflikts zwischen Russland und der Ukraine, und daraus resultierende höhere Inflationsraten der Produzenten- und Konsumentenpreise stellen ebenfalls ein konjunkturelles Risiko dar. Zusätzliche makroökonomische Risiken ergeben sich aus einer Eskalation weiterer geopolitischer Konflikte sowie einer erneuten Verschärfung des Handelskonflikts zwischen den USA und China. Beides kann zu erheblichen Auswirkungen auf die weltweite Nachfrage nach Vorleistungsgütern für die Industrieproduktion und nach Investi­tionsgütern führen.

Aus Witterungseinflüssen können sich positive wie auch negative Effekte auf unser Geschäft, insbesondere bei Agricultural Solutions, ergeben.

Margen

Chancen und Risiken resultieren für die BASF-Gruppe im Wesent­lichen aus der Ausweitung oder einem Rückgang der Margen in den Segmenten Chemicals und Materials. Chancen ergeben sich diesbezüglich, wenn die positive Margenentwicklung länger als erwartet andauert. Jedoch könnten insbesondere weiter steigende Energie- und Rohstoffpreise sowie neue Kapazitäten und Rohstoffknappheiten bei einigen Produkten und Wertschöpfungsketten den Margendruck erhöhen. Dies würde sich negativ auf unser EBIT auswirken.

Zudem entfällt bei steigenden Öl- und Gaspreisen der kompensierende Effekt im EBIT der BASF-Gruppe durch Wintershall Dea, da diese Beteiligung nicht mehr im EBIT, sondern im Beteiligungs­ergebnis ausgewiesen wird.

Der Rohölpreis der Sorte Brent betrug 71 US$/Barrel im Jahresdurchschnitt 2021, verglichen zu 42 US$/Barrel im Vorjahr. Für 2022 erwarten wir einen durchschnittlichen Ölpreis von 75 US$/Barrel. Wir rechnen daher mit einem steigenden Preisniveau von für uns wesentlichen Rohstoffen und petrochemischen Grundprodukten.

Wettbewerb

Unsere Produkte und Lösungen entwickeln wir fortlaufend weiter, um die Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Wir beobachten den Markt sowie den Wettbewerb und versuchen gezielt, Chancen zu nutzen sowie aufkommenden Risiken mit geeigneten Maßnahmen entgegenzuwirken. Wesentliche Bestandteile unserer Wettbewerbsfähigkeit sind neben der Innovation auch unser permanentes Kostenmanagement und unsere kontinuierliche Prozessoptimierung.

Regulierung/Politik

Risiken können für uns durch eine Verschärfung geopolitischer Spannungen, neue Handelsbarrieren, schärfere Emissionsgrenzwerte für die Anlagen sowie durch Energie- und Klimagesetzgebung entstehen. Außerdem können sich Anpassungen von Chemikalienregulierungen sowohl auf das Produktportfolio der BASF-Gruppe als auch das unserer Kunden auswirken, etwa für die Verwendung oder Registrierung von Agrochemikalien.

Aus politischen Maßnahmen können aber auch Chancen entstehen. So sehen wir in den weltweiten Maßnahmen zur Erhöhung der Energieeffizienz und Reduktion von Treibhausgasemissionen die Chance auf eine höhere Nachfrage nach unseren Produkten, wie etwa unseren Dämmstoffen für Gebäude, Katalysatoren, Batteriematerialien für die Elektromobilität oder unseren Lösungen für Windkraftanlagen. Sowohl bei Restriktionen im Zusammenhang mit der Chemikalienverordnung REACH und der daraus erforderlichen Entwicklung neuer Chemikalien als auch bei neuen Standards in unseren Kundenindustrien können wir durch unser breites Produktportfolio teilweise Alternativen anbieten.

Einkauf und Lieferkette

Beschaffungsrisiken mindern wir durch ein breites Portfolio, welt­weite Einkaufsaktivitäten sowie durch den Kauf von Rohstoffen auch auf den Spotmärkten. Wir vermeiden es, soweit möglich, Rohstoffe von einem einzigen Lieferanten zu beziehen. Sofern dies nicht möglich ist, versuchen wir Wettbewerb zu schaffen oder gehen diese Beziehung bewusst ein und bewerten die Auswirkung mög­licher Ausfälle. Wir beobachten kontinuierlich die Bonität wichtiger Geschäftspartner.

Dem Risiko von Lieferunterbrechungen auf der Beschaffungs- und Absatzseite durch extreme Wetterlagen (zum Beispiel Hoch-/­Niedrigwasser von Flüssen, Hitze-/Kältewellen, Wirbelstürme), deren Häufigkeit und Intensität durch den Klimawandel zunimmt, begegnen wir mit dem Wechsel auf alternative Verkehrsträger sowie der Möglichkeit, innerhalb unseres globalen Verbunds auf nicht betroffene Standorte ausweichen zu können.

Für unseren Verbundstandort Ludwigshafen haben wir ein Bündel an Klimaresilienz-Maßnahmen zum Umgang mit Niedrigwasser im Rhein erarbeitet: Wir haben ein Frühwarnsystem für Niedrigwasser entwickelt, multimodale Verkehrskonzepte erstellt, vermehrt niedrigwassergeeignete Schiffe gechartert und zusammen mit Partnern einen eigenen Schiffstyp entwickelt, der für extreme Niedrigwasser-Situationen ausgelegt ist. Dadurch sind bereits heute längere Niedrigwasserphasen des Rheins besser beherrschbar.

Investitionen und Produktion

Ungeplante Anlagenabstellungen versuchen wir durch die Einhaltung hoher technischer Standards und eine kontinuierliche Verbesserung unserer Anlagen zu vermeiden. Die Auswirkungen einer ungeplanten Abstellung auf die Versorgung mit Zwischen- und Endprodukten werden durch die Diversifikation im Rahmen unseres weltweiten Produktionsverbunds reduziert.

Im Falle einer Produktionsunterbrechung, zum Beispiel infolge eines Unfallereignisses, greifen abhängig vom Umfang der Auswirkungen unsere globalen, regionalen oder lokalen Notfallkonzepte und Krisenmanagement-Strukturen. In allen Regionen gibt es Krisen­management-Teams auf lokaler und regionaler Ebene. Diese koordinieren nicht nur die erforderlichen Notfallmaßnahmen, sondern leiten auch die Sofortmaßnahmen zur Schadensbegrenzung und zur schnellstmöglichen Wiederherstellung des normalen Betriebs­zustands ein.

Das Krisenmanagement umfasst auch den Umgang mit extremen Wetterlagen wie etwa tropischen Wirbelstürmen (beispielsweise an den Standorten in Freeport und Geismar im Golf von Mexiko) oder stark erhöhten Wassertemperaturen in Flüssen infolge von langen Hitzewellen, welche die verfügbare Kühlkapazität einschränken (zum Beispiel am Standort Ludwigshafen). Bei einem sich potenziell verändernden Risiko im Zuge des Klimawandels werden entsprechende Anpassungen an den Standorten vorgenommen. Beispielsweise wurden am Verbundstandort Ludwigshafen aufgrund einer Zunahme von Hitzewellen in den vergangenen Jahren mehrere Maßnahmen zur Erhöhung der Kühlkapazität, wie etwa Ausbau und Optimierung der zentralen Rückkühlanlagen und Optimierung der Kühlwasserströme, umgesetzt, welche geeignet sind, Produktionsunterbrechungen aufgrund von extremen Hitzewellen zu verhindern.

Kurzfristige Risiken aus Investitionen können zum Beispiel aus technischen Störungen sowie Kosten- und Terminüberschreitungen entstehen. Diesen begegnen wir durch ein bewährtes Projekt­management und -controlling.

Akquisitionen, Devestitionen und Kooperationen

Wir beobachten stetig den Markt, um mögliche Akquisitionsziele zu identifizieren und so unser Portfolio sinnvoll weiterzuentwickeln. Zudem arbeiten wir mit Kunden und Partnern im Rahmen von Kooperationen zusammen, um gemeinsam neue wettbewerbs­fähige Produkte und Anwendungen zu entwickeln.

Chancen beziehungsweise Risiken ergeben sich bei Akquisitionen und Devestitionen aus dem Zustandekommen oder einem früher beziehungsweise später als erwartet vollzogenen Abschluss einer Transaktion. Sie betreffen den An- beziehungsweise Wegfall von regelmäßigen Ergebnisbeiträgen sowie die Realisierung von Veräußerungsergebnissen, sofern sie von unseren Planungsannahmen abweichen.

Personal

Die Entwicklung des Personalaufwands hängt aufgrund globaler BASF-Vergütungsprinzipien auch von der Höhe der variablen Vergütung ab, die unter anderem an den Unternehmenserfolg geknüpft ist. Die Korrelation von variabler Vergütung und Unternehmenserfolg wirkt dabei risikominimierend. Ein weiterer Einflussfaktor besteht in der Entwicklung der Zinssätze für die Abzinsung der Pensions­verpflichtungen. Darüber hinaus können auch Änderungen von rechtlichen Rahmenbedingungen auf Länderebene Einfluss auf die Entwicklung des Personalaufwands der BASF-Gruppe nehmen. Für Länder, in denen BASF tätig ist, werden relevante Entwicklungen daher kontinuierlich beobachtet, um mögliche Risiken frühzeitig zu erkennen und das Ergreifen von adäquaten Maßnahmen zu ermög­lichen.

Informationstechnische Risiken

BASF nutzt eine Vielzahl von IT-Systemen. Technologien wie Big Data oder Internet of Things setzen wir ein, um neue Geschäfts­modelle, Unternehmenskonzepte und -strategien zu entwickeln und auf ein verändertes Kundenverhalten angemessen zu reagieren. Die Nichtverfügbarkeit der IT-Systeme, die Verletzung der Vertraulichkeit oder die Manipulation von Daten bei kritischen IT-Systemen und -Anwendungen können eine direkte Auswirkung auf die Produktion oder die Abwicklung in der Lieferkette haben. Die Bedrohungslage hat sich in den vergangenen Jahren dahingehend verändert, dass Angreifer sich besser organisieren, ausgereiftere Techniken verwenden und über weit mehr Ressourcen verfügen. Sollten Daten verloren­gehen oder manipuliert werden, kann dies beispielsweise die Anlagenverfügbarkeit, die Lieferqualität oder die Richtigkeit unserer Finanzberichterstattung beeinträchtigen. Unbefugter Zugriff auf sensible Daten, wie zum Beispiel Personal- oder Kunden­stammdaten, wettbewerbsrechtlich relevante Informationen oder Forschungsergebnisse, kann haftungsrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen oder unsere Wettbewerbsposition gefährden. Hinzu kommt der damit verbundene Reputationsverlust.

Um derartige Risiken zu minimieren, verfügt BASF über weltweit einheitlich angewandte Verfahren und Systeme zur Gewährleistung der IT-Verfügbarkeit und IT-Sicherheit. Dazu gehören stabile und redundant ausgelegte IT-Systeme, Back-up-Verfahren, Viren- und Zugangsschutz, Verschlüsselungssysteme sowie integrierte, gruppenweit standardisierte IT-Infrastrukturen und -Anwendungen. Die im Einsatz befindlichen Systeme zur Informationssicherheit werden permanent geprüft, fortlaufend aktualisiert und bei Bedarf erweitert. Zudem werden unsere Mitarbeitenden regelmäßig im Informations- und Datenschutz geschult. Das IT-Risikomanagement erfolgt über einheitliche Regeln für Organisation und Anwendung sowie ein darauf aufbauendes internes Kontrollsystem.

Das 2015 etablierte Cyber Defense Center wird kontinuierlich entsprechend der steigenden aktuellen Anforderungen ausgebaut. BASF ist Mitglied im Cyber Security Sharing and Analytics e.V. (CSSA) sowie Gründungsmitglied der Deutschen Cyber-Sicherheitsorganisation (DCSO) zusammen mit der Allianz SE, der Bayer AG und der Volkswagen AG. Darüber hinaus hat BASF ein Informationssicherheits-Management-System etabliert und ist nach der internationalen Norm DIN EN ISO/IEC 27001:2017 zertifiziert.

Rechtsstreitigkeiten und -verfahren

Laufende und drohende Rechtsstreitigkeiten und -verfahren werden kontinuierlich überwacht, und dem Vorstand sowie dem Aufsichtsrat wird hierüber regelmäßig Bericht erstattet. Zur Beurteilung von Risiken aus laufenden Rechtsstreitigkeiten und -verfahren sowie eines etwaigen Rückstellungsbedarfs erstellen wir eigene Analysen und Bewertungen der Sachverhalte und geltend gemachter Ansprüche und ziehen im Einzelfall die Ergebnisse vergleichbarer Verfahren sowie bei Bedarf unabhängige Rechtsgutachten heran. Die Risikobewertung basiert insbesondere auf der Einschätzung der Eintrittswahrscheinlichkeiten und Bandbreiten möglicher Inanspruchnahmen. Diese Einschätzungen werden in enger Abstimmung zwischen den betroffenen operativen Einheiten und Serviceeinheiten unter Einbeziehung von Corporate Legal und Corporate Finance getroffen. Bei entsprechender Eintrittswahrscheinlichkeit wird für das jeweilige Verfahren eine Rückstellung gebildet. Ist eine Rückstellungsbildung nicht erforderlich, wird im Rahmen des allgemeinen Risikomanagements weitergehend überprüft, ob aus diesen Rechtsstreitigkeiten gleichwohl ein Risiko für das EBIT der BASF-Gruppe besteht.

Risiken aus möglichen Rechts- oder Gesetzesverletzungen begrenzen wir durch unser internes Kontrollsystem. Beispielsweise versuchen wir, durch umfangreiche Abgrenzungsrecherchen Patent- und Lizenzkonflikte weitgehend zu vermeiden. Im Rahmen unseres konzernweiten Compliance-Programms werden unsere Mitarbeitenden regelmäßig geschult.

Steuern

Die berücksichtigten steuerlichen Chancen und Risiken betreffen nur Steuern, die sich auf das EBIT der BASF-Gruppe kurzfristig auswirken. Diese entstehen, wenn BASF eine abweichende Position zu der Auffassung einer zuständigen Verwaltungsbehörde eingenommen hat. Soweit bereits eine Steuerzahlung erfolgte und die Möglichkeit einer Rückforderung besteht, wird dies als Chance gezeigt. Wenn hingegen noch eine potenzielle Zahlung entsprechend der Verwaltungsauffassung aussteht, entspricht dies einem Risiko. Die Chancen und Risken bewerten wir insbesondere hinsichtlich deren Eintrittswahrscheinlichkeit und soweit geboten wird für den jeweiligen Risikofall eine Rückstellung gebildet. Ist eine Rückstellungs­bildung nicht erforderlich, wird dies im Rahmen der Ermittlung der EBIT-relevanten Risiken der BASF-Gruppe berücksichtigt.

Verbund
Im BASF-Verbund sind Anlagen intelligent verbunden. In diesem System laufen chemische Prozesse mit geringem Energieeinsatz und hoher Produktausbeute ressourcenschonend ab. Die Nebenprodukte einer Anlage dienen an einer anderen Stelle als Einsatzstoff, wodurch effiziente Wertschöpfungsketten entstehen – von Grundchemikalien bis hin zu hochveredelten Produkten wie Lacken oder Pflanzenschutzmitteln. Unser Verbundprinzip – bei Produktion, Technologien, dem Markt und in der Digitalisierung – ermöglicht innovative Lösungen für eine nachhaltige Zukunft.
Wertschöpfungskette
Als Wertschöpfungskette wird die Aufeinanderfolge von Veredlungsschritten im Produktionsprozess bezeichnet, angefangen bei den Rohstoffen über verschiedene Zwischenstufen wie Transport und Produktion bis zum fertigen Endprodukt.